6. SONNTAG NACH TRINITATIS

GLOCKENLÄUTEN

 

 


ERÖFFNUNG

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

 

 

GEBET

Herr, ewiger Gott,
in der Taufe spricht du dein Ja zu meinem Leben. Bedingungslo, auch wenn mein Leben andere Wege geht, als deine Wege.
Lass uns als Getaufte deine bedingungslose Liebe weitergeben in Worten und Taten, damit Menschen gut und gerne Christinnen und Christen werden und bleiben. 
Das bitten wir durch Christus unseren Herrn.
Amen.

 

 

 

MUSIK

Dr. Thomas Falk

 

 

 


AN(GE)DACHT

Predigttext: Dtn 5,6-12

Denn du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat der HERR euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten. So sollst du nun wissen, dass der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen. So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, dass du danach tust. Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der HERR, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat.

 

I.

Liebe Gemeinde,

wenn ich an Taufe denke, dann an kleine Kinder, schön angezogen, das erste Fest, das ein kleiner Mensch in seinem Leben feiert, das wie eine Unbekannte Reise noch vor ihm liegt. An Wasser, das über den Kopf gegossen wird und stolze Eltern und Paten, die versuchen diesen einmaligen Moment im Leben auf Foto und Film einzufangen. 

Hier geht es um einen Mann, der alles nochmal ordnen will, bevor er aus dem Leben geht. Der eine lange und anstrengende Lebensreise im Wahrsten Sinn des Wortes hinter sich hat. Um Mose. 40 Jahre soll, so sagt es die Bibel, mit dem Volk Israel nach der Flucht aus Ägypten durch die Wüste gewandert sein. Bevor man am Ziel ankommt, muss er Abschied nehmen. Eigentlich nimmt sein Leben ein tragisches Ende. 

Wenn man bei Googel in den Routenplaner die Strecke Ägypten-Israel eingibt, zeigt es an. Reisedauer zu Fuß: 6 Tage 10 Stunden. Das muss ein großer Umweg gewesen sein? 

Auf das gelobte Land lebt er hin, aber dort angekommen wird er nie. Erst die Generation nach ihm. Der Predigttext für heute ist ein Auszug, wenn man will, vom Lebensende dieses Mannes: Ein Stück seines geistigen Testaments an die Menschen nach ihm. 

 

II.

 „Dich hat der Herr auserwählt zum Volk des Eigentums!“. Israel ist ds Volk Gottes, das Judentum, die auserwählte Religion. Und wir Christen haben das einfach auf uns mitbezogen. Wir Christen; wir Getaufte - Sie und ich. Erwählte Gottes! Der Predigttext lädt uns ein, Taufe einmal unter diesem Aspekt zu verstehen. Erwählung. 

Aber Moment mal: so ein Gedanke weckt vielleicht erst einmal seltsame Assoziationen.

Gerade bei uns mit unserer Geschichte., wenn da die Rede ist von einem auserwählten Volk. 

„Wir sehen in Rasse, Volkstum und Nation uns von Gott geschenkte und anvertraute Lebensordnungen. Kein einziges Volk der Welt hat so wie das unsere einen Staatsmann, wie Adolf Hitler.“

Ein Zitat aus dem Programm der Deutschen Christen. Wie schnell ist man da bei dem Gedanken: den anderen überlegen zu sein. Die Würde anderer herabzusetzten. Die Geschichte hat es uns gelehrt. Und ja, auch das klingt in den Worten bei Mose an, wenn er die Barmherzigkeit Gottes den Israeliten vorbehält und Rache und Vergeltung den anderen ankündigt. 

Wir Christen haben diese Erwählung des Volkes Israel einfach auf die Taufe adapiert. Die Christen also, als auserwähltes Gottesvolk? Maße ich mir das nicht an zu sagen: Meine Religion ist die Richtige? Mit allen Konsequenzen: Das Judentum war einmal erwählt? Der Isalm ist die Falsche Religion? Und wer gar nicht glaubt, dem gebührt Zorn und Hass? 

 

III.

Anderer befremdlicher Gedanke: 

Ich muss an eine junge Dame aus Indien denken, aus Ranchi im Norden des Landes. Ein Fernsehteam interviewt sie. Sie fasst vertrauen und berichtet über ihr Leben. Sie erzählt, dass sie sich auf ihre Hochzeit freut. Die Reporterin fragt, wen sie denn heiraten würde. „Das weiß ich nicht“, antwortet sie. Ihre Eltern hätten den Bräutigam auserwählt, sie hätte ihn noch nicht kennengelernt. 

Mir in meinem Fernsehsessel im mittleren Europa ist so eine Vorstellung total fremd. Ja: schlimm. Wie so eine Ehe im schlimmsten Fall aussehen mag, mag man sich kaum ausmalen. Wer auserwählt ist, hat der noch eine Wahl? Ist Erwählung nicht das Gegenteil von Liebe? Macht gegenüber Ohnmacht? 

Ist das dann mit mir und Gott auch so? Ich selbst kann mich an meine Taufe nicht mehr erinnern. Als ich in der Lage darüber nachzudenken, war es schon geschehen. 

 

IV.

Bibeltexte wie dieser sind Texte von Menschen aufgeschrieben zu ihrer Zeit, die ihren Glauben und ihre Gottesvorstellung hineingeschrieben haben. Wir heute dürfen anderer Meinung sein. Andere Vorstellungen haben. Ja, dieses Bild muss nicht meinen Vorstellungen entsprechen. Ich darf Sätze kritisch lesen. Ich bin aber vielleicht auch verpflichtet diese Bilder mit meinen Vorstellungen in Beziehung zu bringen und nachzudenken. Mir zu überlegen, was hat diese Menschen bewogen, das so zu sehen, von so einem Gott zu schreiben. Und nachzudenken, was ich aus diesen Gedanken für meinen Glauben ziehen kann.  

Auch aus Texten, die vielleicht in ganz anderen Kontexten geschrieben sind, als ich heute lebe. Damals Auszug aus Ägypten, heute wo wir über Taufe nachdenken.

 

V.

Wenn Taufe Erwählung ist, dann ist Sie eine Zusage, wie an das Volk Israel. Ein blindes Ja zu mir als Mensch und meinem Leben. Ja zu dem kleinen Leben, das über den Taufstein gehalten wird, das noch gar nicht entscheiden kann, ob es diesem Gott einmal vertrauen will oder nicht. Ob es nach seinen Geboten und Weisungen leben will oder nicht. Ein kleines Leben, dessen Weg in alle Richtungen gehen kann. Ein blindes Ja, eben. Liebe. Aus Schwäche für das Schwache.

Hubert ist ins seinem Leben total gescheitert. Meint er. „Mein ganzes Leben ein einziges Versagen“, sagt er sich selbst, wie er abends vor dem Spiegel steht. Von der Schule ist er damals schon geflogen, mit seinen Eltern hat er sich vor Jahren verkracht, nie mehr gesprochen seitdem. Als er den Job verloren hat, kam der Alkohol dazu. Und nun ist auch noch Ehe auseinander gegangen. „Ich bin ein totaler Versager.“ denkt er sich. Wie gut, dass Gottes Wahl schon vor all dem feststand. Bevor es zu der Szene am Spiegel kam, Bevor das alles passiert ist. Einmalig und für immer gültig. „Du bist mein geliebtes Kind, Dich hat der Herr auserwählt zum Volk des Eigentums!“ 

Ein blindes Ja eben. Egal welche Irr und Umwege mir das Leben abringen, und wenn ich mich im Leben so verlaufe, dass aus 6 Tagen 40 Jahre werden sollten, auch wenn ich alle Ziele verfehle. Gottes ja zu mir steht. Fest. In Wasser gegossen. Wenn andere oder sogar ich selbst über mich das nein spreche. 

Was für ein Segen! So ein ausgegossenes Ja, das an keine Bedingungen geknüpft ist.  Eine Zusage, die aber keine Absage an andere ist.

Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat.

Blinde Liebe, die weiß, dass Menschen fehler machen, schwach sind. Aber einfach drüber hinweg sieht. Daran erinnerst sich Hubert.

Was für ein Segen, wenn einer im Leben und im Sterben sagen kann. „Ich bin getauft!“

AMEN.

 

 

 


VATERUNSER

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name; dein Reich komme; dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser täglich Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern; und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

 

 

SEGENSBITTE

Der Herr segne uns und behüte uns.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns + Frieden.
Amen.